Verfahren
Vorwärmen bezeichnet das Erhitzen des zu verschweißenden Werkstücks auf über Raumtemperatur vor oder während des Schweißvorgangs. Die Spezifikationen schreiben das Vorwärmen vor und nach dem Schweißen vor. Unter bestimmten Bedingungen können jedoch auch andere Methoden angewendet werden. Unabhängig davon, ob Vorwärmen erforderlich ist oder nicht, bietet es mehrere Vorteile:
• Reduzierung der Schwindspannungen in der Schweißnaht und im angrenzenden Grundwerkstoff, was insbesondere bei Schweißnähten mit hohen Spannungswerten relevant ist.
• Verlangsamen Sie die Abkühlgeschwindigkeit während des kritischen Temperaturbereichs beim Abkühlen der Schweißnaht, um eine übermäßige Aushärtung zu verhindern und die Duktilität der Schweißnaht und der Wärmeeinflusszone (WEZ) zu verringern.
• Durch die Verlangsamung der Abkühlgeschwindigkeit im Temperaturbereich von 400°F hat der Wasserstoff mehr Zeit, aus der Schweißnaht und dem angrenzenden Grundwerkstoff zu entweichen, wodurch wasserstoffinduzierte Risse vermieden werden.
• Verunreinigungen entfernen.
• Die Vorwärmmenge wird nicht durch den Mindeststandard der Spezifikation bestimmt, sondern durch eine oder mehrere der folgenden Methoden:
Berechnungstabellen
Im Laufe der Geschichte gab es eine Vielzahl von „Vorwärmberechnungstabellen“. Viele davon waren in Form von linearen oder kreisförmigen Rechenschiebern aufgebaut und sagten die Vorwärmtemperatur anhand des Materials und der Dicke des Grundwerkstoffs voraus.
Kohlenstoffäquivalent
Der Kohlenstoffäquivalentwert (CE) ist ein Verfahren, um festzustellen, ob und in welchem Umfang eine Vorwärmung erforderlich ist.
Bei CE ≤ 0,45 % kann die Vorwärmung beliebig gewählt werden.
Wenn 0,45 =< CE <= 0,60 %, beträgt der Vorwärmtemperaturbereich 200°F bis 400°F (100°–200°C).
Bei einem CE-Wert > 0,60 % beträgt der Vorwärmtemperaturbereich 400° bis 700°F (200°–350°C).
Bei einem CE-Wert > 0,5 sollte die abschließende zerstörungsfreie Prüfung (ZfP) um mindestens 24 Stunden verschoben werden, um festzustellen, ob es zu verzögerter Rissbildung gekommen ist.
Rissparameter
Bei einem Kohlenstoffäquivalent von maximal 0,17 Gew.-% oder bei Verwendung hochfester Stähle kann die Ito-Bessyo-Parameter-Risserkennungsmethode (Pcm) angewendet werden. Mit dieser Methode lässt sich präzise vorhersagen, wann vorgewärmt, wann eine Zwangsvorwärmung durchgeführt und auf welche Temperatur vorgewärmt werden muss.
Wenn Pcm ≤ 0,15 %, Vorwärmen bei beliebiger Temperatur
Wenn 0,15 % < Pcm < 0,26–0,28 %, auf 200°–400°F (100°–200°C) vorheizen.
Wenn Pcm > 0,26–0,28 %, auf 400–700°F (200–350°C) vorheizen.
Funkentest
Der Funkentest wird seit Jahrzehnten zur Bestimmung des Kohlenstoffgehalts von Kohlenstoffstahl eingesetzt. Je höher der Kohlenstoffgehalt, desto stärker der Funke und desto mehr Vorwärmen ist erforderlich. Diese Methode ist zwar nicht sehr genau, aber einfach. Sie ermöglicht die Ermittlung der relativ hohen oder niedrigen Vorwärmtemperatur.
Faustregel
Eine weitere, weniger genaue, aber dennoch effektive Methode zur Bestimmung der Vorwärmtemperatur besteht darin, die Vorwärmtemperaturerhöhung um 100 °F (50 °C) pro 10 Prozentpunkte Kohlenstoffgehalt (0,10 Gew.-%) zu berechnen. Beträgt der Kohlenstoffgehalt beispielsweise 0,25 Gew.-%, so liegt die Vorwärmtemperatur bei 250 °F (125 °C) oder beginnt zumindest bei 250 °F (125 °C). Sind Beschichtungen oder andere Bauteile in der Nähe der Schweißnaht vorhanden, ist die in der ursprünglichen Fertigungsspezifikation festgelegte Vorwärmtemperatur nicht geeignet. Liegt die Wärmeeinbringung beim Schweißen jedoch nahe am maximal zulässigen Bereich des Standardprozesses, kann die auf die Schweißbauteile übertragene Wärme durch die Wärmeeinbringung beim Schweißen ausgeglichen werden. Dadurch wird das betroffene Metall auf oder über die Mindestvorwärmtemperatur erwärmt, sodass eine weniger strenge Vorwärmung durch externe Mittel erfolgen kann. Es ist wichtig zu beachten, dass hier Bereiche und ungenaue Umrechnungen (°F in °C) verwendet werden. Dies ist beabsichtigt. Vorwärmen ist keine exakte Wissenschaft. In vielen Fällen ist es üblich, die Vorwärmtemperatur so lange zu erhöhen, bis das Problem behoben ist (z. B. das Verschwinden von Rissen). Umgekehrt kann in bestimmten Anwendungsfällen sogar eine niedrigere Vorwärmtemperatur als empfohlen oder in der Spezifikation gefordert zum gewünschten Ergebnis führen.
Praktische Anwendung
Praktische Fertigkeiten sind unerlässlich, um Probleme durch vorwärmbedingte Materialerweichung zu vermeiden. Wählen Sie Schweißverfahren und Elektroden, die weniger Wasserstoff einbringen. Bestimmte Techniken können Eigenspannungen reduzieren oder minimieren. Achten Sie sorgfältig auf die korrekte Anwendung der Vorwärmmethode. Die folgenden Beschreibungen sind für die erfolgreiche Anwendung dieser Techniken wichtig.
Schweißfugengröße und -techniken
Die beim Schweißprozess angewandten Techniken haben einen großen Einfluss auf die Schweißnahtschrumpfung des Werkstücks, die Eigenspannungen, die Wärmeeinbringung und die Vermeidung von Rissen.
Kurze Schweißnähte schrumpfen in Längsrichtung weniger als lange. Eigenspannungen lassen sich auch durch Rückhandschweißen oder spezielle Schweißabläufe reduzieren.
Die Wärmezufuhr kontrollieren oder reduzieren. Anstelle von Schweißnähten mit großen Schwingungen können lineare Schweißnähte mit kleinen Schwingungen verwendet werden.
Risse reduzieren
Lichtbogenkrater und Schweißrisse können durch geeignete Fertigungsprozesse reduziert oder beseitigt werden.
1) Schweißnähte mit rundem Querschnitt weisen im Vergleich zu Schweißnähten mit dünnem, breitem Querschnitt die geringste Rissbildung auf.
2) Vermeiden Sie abrupte Starts und Stopps. Der Schweißvorgang und die Schweißnahtbildung werden durch Steig-/Gefälleschweißtechniken oder durch elektrische Verfahren der Schweißstromquelle gesteuert.
3) Es muss ausreichend Material aufgetragen werden, um Risse durch Schweißschrumpfung oder normale Schweißprozesse zu vermeiden. Als Faustregel gilt, um Risse aufgrund unzureichender Schweißnahtdicke zu vermeiden (und dies wird in vielen Fertigungsspezifikationen gefordert): Es müssen mindestens 10 mm (3/8 Zoll) oder 25 % der Schweißnahtdicke aufgetragen werden.
Vorheizmethoden
Die Vorwärmung kann in der Werkstatt oder vor Ort mittels Flammenheizung (Luft-Brennstoff- oder Acetylenbrennstoff), Widerstandsheizung oder elektrischer Induktionsheizung erfolgen. Unabhängig vom gewählten Verfahren muss die Vorwärmung gleichmäßig und, sofern nicht anders erforderlich, über die gesamte Schweißnahtdicke erfolgen. Abbildung 1 zeigt Geräte zur Widerstandsheizung (unisoliert, wie später angewendet) und Induktionsheizung.
Vorwärmüberwachung
Zur Temperaturmessung und -überwachung stehen verschiedene Geräte zur Verfügung. Die Baugruppe bzw. das Schweißteil sollte vorgewärmt werden, um eine vollständige Durchdringung des Materials zu gewährleisten. Der Grad der Wärmeeindringung sollte nach Möglichkeit geprüft oder bewertet werden. In den meisten Schweißanwendungen genügt es, die Temperatur in einem gewissen Abstand vom Schweißnahtrand zu überwachen. Die Temperaturmessung darf die Schweißnaht nicht verunreinigen.
Temperaturanzeigen
Diese stift- oder bleistiftähnlichen Werkzeuge schmelzen bei einer bestimmten Temperatur und eignen sich, um die Mindesttemperatur für das Vorwärmen – also die Schmelztemperatur des Stifts – einfach und kostengünstig zu bestimmen. Der Nachteil: Sie funktionieren nicht, wenn die Werkstücktemperatur über dem Schmelzpunkt des Stifts liegt. Ist die Werkstücktemperatur zu hoch, werden mehrere Stifte mit unterschiedlichen Schmelzpunkten benötigt.
Elektronische Temperaturüberwachung
Für Vorwärm- und Schweißprozesse können auch Direktmessgeräte wie Kontaktpyrometer oder Thermoelemente mit direkter Anzeige (analog oder digital) eingesetzt werden. Alle Messgeräte müssen kalibriert sein oder über eine Methode zur Überprüfung ihrer Messfähigkeit im jeweiligen Temperaturbereich verfügen. Da Thermoelemente Daten kontinuierlich erfassen und speichern können, eignen sie sich für Vorwärm- und Wärmebehandlungsprozesse in Verbindung mit Kennlinienschreibern oder Datenerfassungssystemen. AWS D10.10 bietet verschiedene Schemata und Beispiele für die Thermoelementplatzierung.
„Hausgemachte“ Überwachung
Viele selbst entwickelte Methoden werden seit Jahrzehnten verwendet, um festzustellen, ob die Vorwärmtemperatur ausreichend ist. Eine davon ist das direkte Besprühen des Werkstücks mit Spucke oder Rauchflüssigkeit. Das Knistern der Spucke dient als Temperaturindikator. Obwohl diese Methode nicht sehr genau ist, wird sie von vielen erfahrenen Handwerkern angewendet.
Eine genauere Methode zur Bestimmung der Vorwärmtemperatur ist die Verwendung eines Acetylenbrenners. Die Flamme wird auf starke Verkohlung eingestellt, wodurch sich eine Rußschicht im vorzuwärmenden Bereich bildet. Anschließend wird die Flamme auf mittlere Rauchentwicklung reduziert, um die Rußschicht zu erhitzen. Sobald der Ruß verschwunden ist, kann die Oberflächentemperatur über 200 °C (400 °F) liegen.
Stellen Sie sicher, dass die Vorwärmtemperatur über die gesamte Dicke des Werkstücks und der Schweißnaht erreicht wird. Die Überwachung erfolgt meist nur an der Außenfläche des Werkstücks. Die Empfehlung AWS D10.10 bietet eine hilfreiche Richtlinie für die Warmhaltezonen und schreibt vor, dass beim Verschweißen von Rohren die gesamte Werkstückdicke erwärmt werden muss.
Beim Vorheizen ist eine sorgfältige Überwachung erforderlich, um eine Überhitzung des Grundmetalls zu vermeiden, insbesondere bei Widerstands- oder Induktionsheizung. Viele Versender fordern daher mittlerweile die Anbringung von Thermoelementen unter jeder Widerstandsheizplatte bzw. Induktionsspule, um eine Überhitzung zu überwachen und zu verhindern.
Zusammenfassung
Unabhängig davon, ob eine Vorwärmung erforderlich ist oder nicht und unabhängig von der gewählten Methode bietet sie folgende Vorteile: Reduzierung der Schwindspannungen in der Schweißnaht und im angrenzenden Grundwerkstoff, was insbesondere bei stark beanspruchten Schweißverbindungen von Vorteil ist; Verlangsamung der Abkühlgeschwindigkeit des Werkstücks im kritischen Temperaturbereich, wodurch eine übermäßige Härtung des Werkstücks verhindert und die Erweichung der Schweißnaht und der Wärmeeinflusszone reduziert wird; Verlangsamung der Abkühlgeschwindigkeit des Werkstücks beim Durchlaufen des Temperaturbereichs von 200 °C (400 °F), wodurch Wasserstoff mehr Zeit hat, aus der Schweißnaht und dem angrenzenden Grundwerkstoff zu diffundieren und wasserstoffinduzierte Risse verhindert werden; Entfernung von Verunreinigungen. Bei der Vorwärmung ist es optimal, die gesamte Schweißnahtdicke gleichmäßig auf die vorgegebene Vorwärmtemperatur zu erwärmen. Eine übermäßige lokale Erwärmung kann zu Materialschäden führen und sollte daher vermieden werden.
Veröffentlichungsdatum: 04.11.2024
